Die Überschrift ist sicherlich ein wenig verstörend im Zeitalter von Fake News und fiesen postdemokratischen Aktionen professioneller Agenturen im Dienste irgendwelcher Firmen und Parteien.
Es gibt immer einen Bedarf an sozialer Interaktion zwischen den Menschen. Ob diese Interaktion nun virtuell oder bei einem persönlichen Treffen stattfindet, ist zunächst zweitrangig. Früher schrieb man sich Briefe, Telegramme, telefonierte, heute nutzt man eben Messenger und “soziale Medien” für diese Interaktionen.
Dummerweise eignen sich soziale Interaktionen hervorragend für Werbung (Social Media Marketing).
Stellt euch einfach eine Party vor, Menschen unterhalten sich, essen und trinken etwas, Musik läuft und alle haben Spass. Dann taucht jemand mit einem Megafon auf und preist lautstark Waren zum Kauf, bei Bedarf auch zum sofortigen Kauf (Lieferung in 4 Stunden) an.
Nun kann das im Einzelfall mal ganz witzig sein, wenn jemand vielleicht Blumen in der Nacht verkauft oder die Zeitung von morgen. So grundsätzlich will man das doch aber eigentlich nicht haben – oder?
Alle müssen lauter reden und die Person mit dem Megafon stört einfach.
Nun setzen soziale Plattformen aber oft noch einen drauf, wenn sie allen Gästen Megafone verkaufen und ihnen versprechen, dass sie damit reich und berühmt werden … sie müssen nur irgendwie Aufmerksamkeit erregen (Aufmerksamkeitsökonomie).
Wenn diese sozialen Kommunikationsplattformen dann in erster Linie dazu da sind, mit Werbung Geld zu verdienen, wird es schwierig mit der Kommunikation und dem Spass auf der Party.
Das gilt auch für private, werbefinanzierte Fernsehstationen, Product Placement in Kinofilmen und Computerspielen und natürlich das eben im Party-Vergleich beschriebene Direct to Costumer Business der Influencer (Beispiel: L’Oreal, Social Chain) auf Instagram, TikTok oder anderen Plattformen. Fast täglich öffnen neue Services die mit einer “total innovativen” Methode (KI, Blockchain, Influencer, Community, etc) noch mehr Konversion versprechen.
Um es mal ganz deutlich zu sagen:
Eine Plattform wie Instagram existiert, damit du etwas kaufst!
Algorithmen und auch simple Statistik sorgen dafür, was dir auf Instagram angezeigt wird und welche Werbung dir in deinem Feed angezeigt wird. Wenn genug Daten vorhanden sind kann Instagram mit großer Wahrscheinlichkeit voraussagen was du kaufen wirst und wann du das tust. Sie wissen auch ob du es dir leisten kannst oder nicht. Falls nicht, kommen Services wie Klarna ins Spiel – Shoppe jetzt. Bezahle später. An jeder Schnittstelle kann ein Geschäftsmodell eingehängt werden, das mit den Plattformen skaliert.
Aber zurück zu sozialen Medien. Ich habe mal vor längerer Zeit beschrieben warum ich einen Instagram Account betreibe betrieb. Seit mehr als einem Jahr habe ich diesen Account gelöscht und betreibe mein eigenes “Instagram”.
Es ist ist Open Source Projekt und heißt Pixelfed.
Meine Instagram Bilder konnte ich importieren und nun kannst mir auf pixel.cocoate.com/hagengraf folgen, wenn du das willst. Du kannst dir die Fotos auch ansehen ohne ein Konto auf der Plattform zu haben. Wen du magst, kannst du gern ein Konto auf meiner Pixelfed-Instanz anlegen und auch Fotos posten. Noch besser wäre es allerdings, wenn du so etwas selbst hostest und mich einfach mal besuchst und einen Kommentar hinterlässt. Es gibt mittlerweile für viele werbefinanzierte Social Media Plattformen werbefreie Alternativen. Auf fediverse.party sind die wichtigsten Projekte beschrieben.
Es handelt sich beim Fediverse meistens fast immer um soziale Medien ohne Werbung! Und sie sind nicht nur ohne Werbung, die unterschiedlichen Dienste lassen sich auch miteinander verknüpfen.
Du kannst beispielsweise von deinem Mastodon Konto (Twitter Alternative) meinen Pixelfed Bildern (Instagram Alternative) folgen oder meinem WordPress Blog (Blog Software/CMS) oder meinem PeerTube Account (YouTube Alternative).
Immer wenn ich dann auf meinem Pixelfed-Konto etwas poste, siehst du es das auf deiner Mastodon Timeline.
Das ist klasse – oder ?
Klar ist das klasse, aber …
Oft ist es so, dass Menschen einfach unterhalten, im Sinne von abgelenkt, werden wollen. Sie schauen gern Werbung, weil die so schön bunt ist und vom grauen Alltag ablenkt. Und dann belohnt man sich vom grauen Alttag, packt etwas in den Warenkorb und kauft es (und nebenbei gibt es Schokolade und Knabberzeug).
Nina Hagen hat bereits 1975 darüber gesungen – da gab es übrigens noch kein Privatfernsehen in Deutschland. Das wurde erst 1984 (!) eingeführt. 1988 erklärte Edmund Stoiber schriftlich gegenüber Franz Josef Strauß: „Unsere Politik bezüglich RTL-plus war immer darauf ausgerichtet, eine Anbindung von RTL an das konservative Lager zu sichern beziehungsweise ein Abgleiten nach links zu verhindern“
Jetzt würde ich gern das Video verlinken … aber … das gibt es nur auf YouTube – oder? Nina Hagen hat scheinbar keine Website :( Na und das MP3? Hm … woher nehmen ohne Lizenzen zu verletzen.
Auf dem alternativen PeerTube habe ich es auch nicht gefunden, weil die Suche in einem dezentralen Netzwerk natürlich nicht so toll ist. Also frage ich mal auf Mastodon (https://fimidi.com/@hagen/107593573535263463). Einbinden kann ich die Nachricht hier in WordPress leider nicht so leicht, weil ich dazu einen iFrame brauche, also mache ich einfach einen Screenshot.
Mal sehen, ob jemand das Video findet.
Kein Video aber ein Hinweis kommt ein paar Minuten später als Antwort
Dann fragt noch jemand ob invidious eine Option wäre?
Na klar ist das eine Option – Vielen Dank :)
Invidious ist ein Open Source Projekt, das YouTube Video ohne Werbung und ohne Tracking anzeigt. Leider haut es mit dem Einbinden in WordPress auch nicht so hin aber hier geht es zum Video – Es lohnt sich!
https://yewtu.be/embed/JWzPcDtZZZo
Natürlich war das jetzt alles komplizierter als in einer “Ich kann mich gar nicht entscheiden Ist alles so schön bunt hier!” Umgebung.
Es ist für mich aber auch befriedigender, denn ich habe das Gefühl etwas geschafft und dabei noch etwas gelernt zu haben. Auch wenn das vielleicht für viele Personen nur eine kleine, nervige und unbedeutende virtuelle Freiheit ist. Das Wissen um solche Dinge und die Neugier auf mehr sind hilfreich im Leben. Das ist so ähnlich wie Bücher lesen, ins Theater gehen und so – vielleicht eine Kulturtechnik? :)
In den kommerziellen sozialen Medien würde mir, nachdem ich nach dem Video von Nina Hagen gesucht habe, vermutlich Werbung für “Nina Hagen Zeug” angezeigt werden. Im Fediverse passiert das nicht. Und an dieser Stelle muss man dann auch ehrlich mit sich selbst sein.
Will ich das überhaupt oder gefällt es mir ganz gut im “Happiness, Flutsch-Flutsch, Fun Fun” Land
*** kleine Pause zum Überlegen ***
Mir gefällt es auch manchmal im “Happiness, Flutsch-Flutsch, Fun Fun” Land. Ich habe auch noch einen Twitter User und ich war neulich in der Dubai Mall (habe nix gekauft, da ich nix brauchte – war aber in einem Geschäft! und habe das Aquarium und den Wasserfall bewundert :) ).
Warum schreibe ich dann sowas auf?
Ich habe diesen Blog Post geschrieben, weil ich
- gerade ärgerlich war über die Kasachstan Berichterstattung in den kommerziellen Medien (und mich gerade mit der Familie und meinen russischen stämmigen Nachbarn darüber unterhalten habe),
- gerade Qualityland 2 gelesen habe (“dumm klickt gut”)
- gerade den Film Don’t Look Up gesehen habe (oh diese [LieblingswortEinfügen] US-Amis – nur sie können die Welt vor einem Kometen retten. Sie kommen gar nicht auf die Idee andere zu fragen um eine gemeinschaftliche Aktion zu starten).
… und weil ich das Gefühl habe, es ist notwendig wieder mehr zu bloggen …
Danke für deine Aufmerksamkeit und das Durchhalten bis zum Schluss :)
- Was denkst du darüber?
- Benutzt du Alternativen zu kommerziellen Plattformen?
- Wenn ja, warum?
- Wenn nein, warum nicht?
- Kennst du eigentlich noch Nina Hagen? :)
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