Vom 16.01.2020-20.01.2020 trafen sich etwa 75 Personen in Spanien, um über die Zukunft von Joomla zu diskutieren und konkrete Vorgehensweisen für die nähere und die fernere Zukunft zu arbeiten. Es war keines der üblichen Joomla Events, sondern eine Art zielgerichtetes Barcamp mit eingeladenen Gästen. Ich war etwas überrascht, als ich die Einladung erhielt. Ich bin mir der Verantwortung im klaren, habe mich aber auch darüber gefreut. In den Jahren 2005-2012 habe ich Bücher über Joomla geschrieben. Seit 2012 arbeite ich nicht mehr so wirklich mit Joomla, habe aber immer mal wieder für Bekannte Joomla Sites aktualisiert, erweitert und auch einige neu erstellt. Ich mag das Projekt Joomla und war auf vielen Joomla Events. Das letzte Event, dass ich besuchte, war die Joomla World Konferenz in Rom im Oktober 2017. Das ist nun auch schon wieder drei Jahre her und daher musste ich erstmal den aktuellen Stand des Projekts recherchieren.
Die aktuelle Joomla Version in der 3.x Serie (3.9.14) wurde im Dezember 2019 veröffentlich. In dieser 3er Serie soll noch eine finale Version 3.10 erscheinen, die dann über mindestens zwei Jahre gepflegt wird. Die Joomla 4 Serie mit ihrem ersten Release steht vor der Tür und sollte eigentlich Ende des Jahres 2019 nach einigen Verschiebungen veröffentlich werden. Es sind bereits 12 Alpha Versionen erschienen.
Hm, dachte ich mir … ist eigentlich alles wie immer, also genau wie bei Drupal 8 und WordPress 5.0, deren Releases auch länger als erwartet gedauert hatten obwohl deren Programmierer zu einem Teil von Acquia (Drupal) und Automattic (WordPress) bezahlt werden.
Joomla = alle zusammen
Im Gegensatz zu Projekten wie Drupal und WordPress steht hinter dem Joomla Projekt keine Firma, die einfach mal so Programmcode entwickeln lassen kann und dadurch natürlich über die Richtung des Projektes entscheidet. Bei Joomla gibt es eine Association (Open Source Matters), die das Bankkonto von Joomla verwaltet und des Projekt rechtlich nach “aussen” vertritt. Das Projekt versteht sich selbst als Content Management System “für alle” und wird von Freiwilligen programmiert und organisiert. Das Wort Joomla ist aus der Sprache Suaheli und bedeutet auf Deutsch etwa “alle zusammen” im Sinne von “alle gemeinsam”. Auf der deutschsprachigen Website des Joomla Projekts joomla.de wird das Projekt gut und übersichtlich dargestellt. Die deutsche Seite vertritt auch die Schweiz und Österreich, also den DACH Raum.
Sprachliche Communities
Einer der Vorteile von Joomla ist die Mehrsprachigkeit. Mit Joomla lassen sich ohne zusätzliche Plugins mehrsprachige Websites erstellen. Dies und die Abwesenheit einer zentralen Projektsteuerung führte bei Joomla zu einer Dezentralisierung auf Sprachebene. Die deutschsprachige Community geht auf joomla.de, die französischsprachige auf joomla.fr, die italienische auf joomla.it usw. Auf der ganzen Welt gibt es diese Communities und unter joomla.org befindet sich gewissermassen die “zentrale Sammelstelle“. Anfangs gab es wenige Verbindungen zwischen den Ländern. Mittlerweile hat sich allerdings auch auf joomla.org ein reger Austausch entwickelt (teilweise sehr unübersichtlich). Jährliche Events wie Jandbeyond und die Joomla World Conference bringen die “Joomlers“, einmal jährlich zusammen. Das Jahr 2019 war ein wenig ereignisarm, denn beide Veranstaltungen fanden nicht statt, die World Conference, die in UK geplant war, wurde wegen der Brexit Wirren abgesagt.
Das Joomla CMS wird heute von 3{0f2b36d8f80fa52f37b916148a6e37fe671d96583f68d5887344addd2eee52a6} aller Websites auf diesem Planeten genutzt! Das sind eine ganze Menge Websites und eine grosse Installationsbasis für ein Projekt, das von Freiwilligen durchgeführt wird. Kommerzielle Anbieter würden Luftsprünge bei solchen globalen Marktanteilen machen.
Die Anzahl der Websites weltweit nimmt immer noch zu.
Joomla für Alle?
Einfache Websites, die früher von Endnutzern selbst erstellt und gehostet wurden, werden heute oft mit Services wie Wix erstellt.
Die 1.000 Euro Joomla Agentur Site ist im deutschsprachigen Raum seltener geworden. In der spanischen Community, zum Vergleich, gibt es die 1.000 Euro Website noch öfter.
Aus den Personen, die vor 15 Jahren kleine Joomla Sites gebaut haben, sind heute oft Agenturen mit mehreren Angestellten geworden. Ich denke da an Firmen wie djumla.de, COOLCAT creations oder perfectwebteam.nl um nur ein paar exemplarisch zu nennen. Heute werden dort neben kleinen auch grössere und richtig grosse Sites gebaut mit Budgets weit grösser als 50.000 Euro. Die Agenturen sind prinzipiell zufrieden mit Joomla, da es eine sauber programmierte Basis für ihre Projektarbeit ist. Sie wünschen sich aber auch mehr moderne Technologien in Joomla (Agenturen brauchen ja immer etwas „Neues“ :) )
Eine besondere Gruppe sind die Joomla Extension und Template Entwickler, die ihre Dienste und Software-Erweiterungen meist an den Enduser verkaufen. Wenn es weniger Enduser gibt, verkaufen sie weniger Erweiterungen.
Universitäten, Schulen, Kirchen, NGOs und Regierungsseiten sind nochmal eine andere Gruppe von Nutzern. Hier ist der Status abhängig von Land und Kultur sehr unterschiedlich. Joomla wird aber erstaunlich oft verwendet.
Der prozentuale Anteil der Joomla Websites an der Gesamtmenge der Websites nimmt ab. Das Budget für eine Joomla Site nimmt aber durchaus zu. Das ist gut für Agenturen, aber eher schlecht für Extension Developer. Statt 100 Sites für je 1.000 Euro werden eher 3 Sites für je 50.000 Euro erstellt.
Forum for the Future
In den drei Tagen und vier Nächten gab es sehr interessante, hilfreiche, engagierte, verzweifelte aber durchweg positive Diskussionen über die Zukunft von Joomla und wie man das denn nun alles machen kann. Der Veranstaltungsort war ein Strandhotel in Marbella, Spanien. Ich bin am 16.01.2020 bei Dunkelheit angereist und am 20.01.2020 bei Dunkelheit abgereist. Ich war einmal in einer Pause für 5 Minuten am Strand. Tagsüber wurde in verschiedenen Formaten diskutiert. Das Gesamtformat war ein wenig unorganisiert und erinnerte mich an ein Barcamp. Es gab vier Gruppen, die sich mit den Themen Marketing, Engagement, Software und Professionalisierung beschäftigten. Jede Gruppe hatte einen „Facilitator“, der/die in den nächsten Tagen die Ergebnisse schriftlich zusammenfassen wird.
Ein sehr hilfreicher und deutlicher Vortrag kam von Kevin John Gallagher. Er bezieht sich darin auf einen Vortrag, den er auf dem JoomlaDay UK im Jahr 2017 gehalten hat. Wenn ihr Zeit habt, guckt den zuerst – JD17UK – Like underwear, change is good! (<- sehr sehenswert)
Zu den Ergebnissen am 19.01.2020 abends soviel vorweg:
- Joomla hat wieder ein Marketing Team
- Das Engagement Team denkt in Richtung Universitäten und Schulen, sowie Vereinfachungen auf der joomla.org Website und hat konkrete Pläne
- Das Technik Team will die Softwareentwicklung seit langer Zeit professionalisieren. Helfer/Tester/Programmierer sollen es einfacher haben zu contributen. Der Code soll (und wird bereits) nach dem SOLID Prinzip erstellt. Ich will dem Protokoll nicht vorgreifen, weil da viele Details drin sind, aber Joomla 4 wird erscheinen :)
So schnell und so gut wie möglich. - Das Professionalisierungsteam würde gern einen Product Owner/Project Manager einstellen. So richtig für Geld :)
Diese Position ist wichtig, damit die Informationen an einer Stelle zusammenlaufen, koordiniert und gehandelt werden kann.
Zu diesen Punkten wird es in den nächsten Tagen Protokolle geben.
Meine Meinung
Mir liegt etwas an diesem Projekt und ich will, dass es eine Zukunft hat. Ich glaube, dass es momentan zuviel Häuptlinge und zu wenige Indianer gibt. Wir brauchen mehr Programmierer und alles muss viel einfacher werden. „Power in Simplicity“ war der Claim von Mambo, nur mal so zur Erinnerung :).
Zu den Umständen, wie alles so kam, wie es heute ist, will ich nichts sagen, weil uns das nicht weiterbringt. Ich habe ein gutes Gefühl für die Joomla 4 mañana Edition :)
Update 02.02.2020: Just saw the codename :)
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