Vermutlich hat jeder von euch schon mal von der chinesischen Mauer gehört. Sie ist viel grösser und viel älter als ich dachte. Mit dem Bau wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. begonnen. Die Mauer erstreckt sich über mehr als 21.000 Kilometer und umfasst 43.721 Einzelobjekte und Standorte. Auch hier spielt die Zahl 10.000, beziehungsweise das Zeichen wàn – 萬 / 万, wie schon in der verbotenen Stadt, eine Rolle. Es steht ausser für 10.000 auch für Unendlichkeit und im Falle der Mauer für eine unvorstellbar oder unendlich grosse Mauer. Hinsichtlich Volumen und Masse ist sie tatsächlich bis heute das grösste Bauwerk der Welt.
Auch hier etwas Kontext. Von 1100 v. Chr bis 700 v. Chr. gab es ein recht stabiles Königreich in China (Zhou Dynastie). Die Verhältnisse waren übersichtlich und verglichen mit den nördlichen Nomadenvölkern war die Zhou Dynastie “weit vorn”. Grund und Boden gehörten dem Kaiser. Das Land wurde vermessen, Karten wurden erstellt und Beamte verwalteten es. Mathematik spielte eine Rolle (Pythagoras), ein Kalender wurde festgelegt, der bis in die heutige Zeit nachvollziehbar ist (Sonnenjahr). Über die Jahre gab es aber Probleme innerhalb des Reiches und die Angriffe der Nomaden aus dem Norden wurden auch stärker. Das Zhou Reich zerfiel daher in einzelne Gruppen, als Grenzbefestigung wurde daher erstmal die “äussere Mauer” gebaut (die orangene auf der Grafik)
Diese orangene Mauer entstand von etwa 700 v. Chr. bis 200 v. Chr. als Grenzbefestigung im Norden. Sie war keine richtige Steinmauer, sondern aus gestampftem Lehm. Sie stand auch nicht auf Bergkämmen, sondern in Tälern. In dieser Zeit stritten sich die Reste der Zhou Dynastie mehr als 500 Jahre über die Herrschaft in China (Zeit der streitenden Reiche). Nach 500 Jahren Auseinandersetzungen übernahm dann schliesslich die Qin Dynastie die Oberhand und stellt den Kaiser.
Da die Gefahr aus dem Norden immer noch bestand, wurde jetzt anstelle der einfachen Grenzbefestigungen in den Täler so ab 200 v. Chr. eine massive Steinmauer auf den Bergkämmen erreichtet. Diese Mauer wurde zunächst aus Steinplatten, die an Ort und Stelle lagen, gestapelt und war so eine Art Trockenmauer. Seit der Idee, die Mauer auf den Bergkämmen zu bauen, erweiterte und verbesserte jede Dynastie diese Mauer, eigentlich bis heute, wenn man an die Renovierungen denkt :).
1.000 n. Ch. wurde erstmals mit Mörtel gearbeitet. In diesem Mörtel waren auch 3{0f2b36d8f80fa52f37b916148a6e37fe671d96583f68d5887344addd2eee52a6} sogenannter Klebreis enthalten. Der Klebreis enthält einen Bestandteil, der diesen Mörtel besonders haltbar macht.
Die Mauer ist zwischen 6 und 9 Metern hoch und zwischen 4 und 8 Metern, auf der Krone, breit. Ziel der Grösse auf der Krone war wohl die Möglichkeit, zwei Reiter nebeneinander sich bewegen zu lassen. Alle paar Hundert Meter gab es einen Turm, in dem die Soldaten ihre Waffen lagerten und sich per Zeichen verständigen konnten. Es gab 25,000 dieser Türme (Es wurden auch Türme in Kashgar gefunden :) )!
Gubeikou
Wie nähert man sich diesem Bauwerk?
Wir wollten nicht an den beiden bekannten Touristenspots an die Mauer (Badalin und Shanhaiguan) gehen, sondern irgendwie ruhiger an die Sache herangehen.
Tine fand die Website https://www.beijinghikers.com und diese Gruppe hatte eine Hiking Tour nach Gubeikou im Angebot. Gubeikou liegt etwa 130 km nördlich von Peking. Die Mauer hier wurde schon 400 v. Chr. angefangen aber erst im 6. Jahrhundert n. Chr. als Steinmauer ausgeführt. Später kam dann eine grosse Festungsanlage dazu. Gubeikou war strategisch wichtig, weil dort die Passstrasse von Peking nach Chengde im Norden durch ein sehr enges Tal führte (Google Maps Link). Das Tal gibt es heute noch, es ist nun allerdings breiter und natürlich bewohnter. Die Berge und vor allem die Wälder sehen allerdings auch heute noch sehr undurchdringlich aus.
In dieser Gegend gab es viele Schlachten, zuletzt 1930 als die Japaner chinesische Stellungen angriffen. Selbst mit “modernem” Kriegsgerät benötigten die Japaner unter grossen Verlusten vier Tage die Chinesen zu überwältigen. Dabei wurde die Festung weitgehend zerstört, die Mauer bliebt allerdings intakt. (http://www.republicanchina.org/Battle_of_the_Great_Wall.pdf).
Und so sieht es dort aus!
Mauer bis zum Horizont …
Im September ist es dort feuchtwarm und die 6 km Hiking Tour, die ich anfangs doch etwas belächelte, war durchaus anspruchsvoll :). Es geht ja die ganze Zeit von Gipfel zu Gipfel. Manche Steigungen waren echt hart und als dann noch hin und wieder die Sonne rauskam … boah ey
Es fällt mir wieder schwer das Erlebnis in Worte zu fassen. Wenn man da oben langläuft, steht man immer auf dem Bergkamm, hat also eine atemberaubende Aussicht. Es ist immer etwas Wind und es ist still, ganz still. Wenn man rechts und links herunterschaut, so sieht man erstmal 6-9 Meter Mauer und dann den Berghang mit den Bäumen. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, wie Menschen diese Mauer gebaut haben. Es gibt so viele, so grosse und so schwere Steine dort. Die müssen alle auf diesen Bergkamm gezerrt und getragen worden sein. Es ist unglaublich und ich kann besser verstehen warum die Menschen die Mauer als unendlich lang beschrieben.
Für einen Menschen allein ist sie unendlich.
Flickr Fotos
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