Ich bin ueber dieses Interview “gestolpert” als ich den Wikipedia Eintrag ueber Cat Stevens gelesen habe. Es ist nur ueber Archive.org erreichbar und entsprechend schwer auf dem Telefon zu lesen. Hier ist es etwas lesbarer und hier war mal der Originaltext http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/553/32521/
Alexander Gorkow interviewt Yusuf Islam (29/30.5.2004)
Yusuf Islams Management lässt vorab ausrichten: Der Mann, der mal Cat Stevens war, wird bittedanke nur Fragen zur aktuellen DVD beantworten. Die DVD zeigt wiederum ein schönes Konzert von Cat Stevens aus dem Jahre 1976. Das Management Yusuf Islams teilt ferner mit: Keine Fragen zur Religion, keine Fragen zur Politik, keine Fragen zu Yusuf Islams angeblicher Gutheißung der Fatwa gegen Salman Rushdie. Das „Charlotte Street Hotel“ liegt im Londoner Westend. Hier um die Ecke hat schon der kleine Cat Stevens im Restaurant der Eltern gekellnert. Es war ein griechisches Lokal, und wie alle griechischen Lokale hieß es „Moulin Rouge“. Yusuf Islam wird nur wenige Interviews geben. Aus drei Ländern kommt jeweils exakt ein Journalist zu einer einstündigen Audienz nach London. Yusuf Islam ist dann kein Gesprächspartner im eigentlichen Sinne. Sondern eine Erscheinung. Ein allerliebst Erleuchteter. Freundlich, grundsätzlich, und immer aber auch mit einem britischen Mundwerk ausgestattet, das ihm schon als Kind diente, sich und die harte Welt nicht nur ernst zu nehmen. Übrigens hat auch er ein Aufnahmegerät dabei und lässt es mitlaufen. Nie mehr wird ein Journalist ihn ungestraft falsch zitieren. Das Foto entstand während unseres Interviews im wirklich sehr schönen „Charlotte Street Hotel“. Draußen im Foyer saß derweil der ehemalige Led-Zeppelin-Sänger Robert Plant und pfiff jungen Frauen hinterher.
Es kann so oder so kommen, wenn man mal ganz, ganz groß war in den 70ern.
SZaW: Entschuldigen Sie bitte, aber ich bin auf dem Weg hierher etwas nervös geworden. Plötzlich überlegte ich, wie man Sie korrekt anspricht. Cat? Mister Stevens? Mister Islam? Oder ist Islam mehr so ein Künstlername . . .
Yusuf Islam: Yusuf! Mein Name ist einfach nur Yusuf. Sie dürfen mich Yusuf nennen.
SZaW: Okay, Yusuf. Wir haben immer ein Thema, ein Wort, über das wir reden.
Yusuf Islam: Das gefällt mir, das ist okay.
SZaW: Ich möchte mich mit Ihnen über das Licht unterhalten.
Yusuf Islam: Licht.
SZaW: Ja, denkt man an Ihre Musik, denkt man an eine überschaubarere, vielleicht hellere Welt. Sicher ein Trugschluss . . .
Yusuf Islam: Nein, nein, Licht ist gut. Reden wir über das Licht. Ohne Licht keine Hoffnung.
SZaW: Auf der jetzt veröffentlichten DVD „Majikat“ – einer Aufzeichnung Ihrer letzten Tournee von 1976 – wirken Sie idealistisch, schön, strahlend. Wie sind Ihre Erinnerungen an diese Zeit?
Yusuf Islam: Die 70er waren ein wenig so, ja. Recht erleuchtet. In den 60ern haben wir die Farbe Grau, die bis dahin alles beeinflusst hatte – die Mode, die Musik –, wir haben diese Farbe mehr oder weniger abgeschafft. Sicher haben wir in den 70ern dann die Früchte geerntet. Und wir hatten ein strahlendes Verhältnis zum Licht, zur Natur! Die Natur war stets etwas, sagen wir: wundervolles für uns.
SZaW: Wieso lächeln Sie?
Yusuf Islam: Lassen Sie mich so sagen: Was wir nicht wahrhaben wollten, war natürlich, dass die Katze die Maus frisst, der Hund frisst die Katze, selbst die lieben Vögel fressen immerhin noch die lieben Insekten. Man könnte sagen: Insgesamt war die Realität der Natur leider nicht ausschließlich so, wie wir sie haben wollten.
SZaW: War man damals ein wenig . . .
Yusuf Islam: Naiv?
SZaW: Ja, oder auch ganz schlimm verkitscht?
Yusuf Islam: Naiv würde ich sagen. Das trifft es. Und natürlich recht kommunistisch.
SZaW: Kommunistisch?
Yusuf Islam: Ja, insgesamt waren wir sogar sehr kommunistisch. Sie verstehen?
SZaW: Im streng politischen Sinne?
Yusuf Islam: Eher im weltanschaulichen Sinne. Jeder sollte gleich mit dem anderen sein, es sollte keine Unterschiede mehr geben, jedem sollte alles und nichts gehören. Alle waren gleich. Und alles war gleich. Mir fällt gerade ein: Ich schrieb damals einen Song, der Titel war „Into White“.
SZaW: Worum ging es in dem Lied?
Yusuf Islam: Dass alles, dass vor allem alle, alle, alle Farben am Ende in einem großen Weiß zusammenlaufen.
SZaW: Die Einswerdung aller Farben?
Yusuf Islam: Ja. Sonderbar, oder?
SZaW: Nein, sehr schön.
Yusuf Islam: Die Farben gehen sozusagen auf im einen großen Weißen. Darum ging es in dem Song. Ja. Nun ja.
SZaW: Könnte man sagen, ohne dass ich das jetzt negativ meine, dass auch Sie persönlich etwas naiv waren?
Yusuf Islam: Man könnte sogar sagen, dass ich der König aller Naiven war, mein Lieber!
SZaW: Verstehe.
Yusuf Islam: Was nicht heißt, dass ich mich dafür schäme. Sonst würde ich jetzt diese DVD nicht veröffentlichen. Wir waren wirklich ein wenig wie erleuchtete Kinder. Sehr pur einerseits. Sehr verwirrt andererseits. Keine Frage.
SZaW: Sie erscheinen auf der DVD so rein, irgendwie so unschuldig – ich meine jetzt nicht im sexuellen Sinne.
Yusuf Islam: Schon klar.
SZaW: Sie sahen zum Beispiel nicht aus wie jemand, der harte Drogen nimmt.
Yusuf Islam: Ich hatte vor harten Drogen – und dem ganzen anhängenden Markt – eine erhebliche Paranoia. Ich meine, wir haben damals alle unsere Erfahrungen mit Drogen gemacht, es waren ja die 60er, nicht wahr, hehe! Aber: Mich machten Drogen lethargisch, nicht kreativ. Drogen sind so. Sie machen dich zufrieden, obwohl du keinen Grund dazu hast, zufrieden zu sein. Ich wollte immer weiter kommen. Ich habe Drogen dabei als etwas wahrgenommen, das mich davon abhält, weiter zu kommen. Das Timothy-Leary-Prinzip lautete ja, wo wir gerade über Licht reden: Aufhellung durch Drogen. Nun, ich empfand Drogen aber nicht als aufhellend. Sondern als isolierend, als verdunkelnd. Also habe ich es gelassen.
SZaW: Dann sind Sie ab 1977 nicht im klassischen Sinne weitergekommen, sondern ausgestiegen. Sie lasen den Koran, den Sie von Ihrem Bruder David gereicht bekamen – und dann waren Sie plötzlich für den Pop verloren.
Yusuf Islam: Was heißt: nicht weitergekommen?
SZaW: Nun, so sah es aus. Die Musik verlor einen ihrer beliebtesten Helden. Ihre Songs kennt heute noch jedes Kind.
Yusuf Islam: Eben, diese Lieder gehen ja nicht verloren, sie werden immer wieder neu interpretiert. Aber: Ich hatte das alles, verstehen Sie? Ich hatte das alles, alles, alles. Ich kannte das. Es war in Ordnung.
SZaW: Sie waren auf der Suche.
Yusuf Islam: Das ist richtig.
SZaW: Als Sie aufhörten, kam Punkrock gerade groß raus. Sie hätten Punkrocker werden können, eine neue Welt entdecken.
Yusuf Islam: Nun . . .
SZaW: War nicht so ernst gemeint.
Yusuf Islam: Das ist schon okay. Ich hielt Punkrock Ende der 70er übrigens für eine wundervolle Sache. Das Problem war: Er ging nirgendwo hin. Er haute alles kaputt. So weit, so gut. Dann aber ging er nirgendwo hin. Und letztlich war er auch nur the same business I already had.
SZaW: Sagen Sie mir, wieso Sie am Zenith Ihrer Popularität ausgestiegen sind? Viele Menschen mutmaßen bis heute, Sie seien verrückt geworden. Zumal Sie sich bis jetzt mehr oder weniger komplett weigerten, die Medien zu bedienen.
Yusuf Islam: Nun, das ist so gar nicht mysteriös. Ich entdeckte eine neue Welt, und diese neue Welt war interessant genug, der alten Welt den Rücken zuzukehren.
SZaW: Können wir uns kurz auch über diese neue Welt unterhalten?
Yusuf Islam: Naja, schauen Sie: ,Nicht weitergekommen’ ist eine Kategorie, die jene Leute vergeben, die ,das Weiterkommen’ anders definieren als ich. Ich entdeckte, dass es eine Kraft gibt, die alles zusammenhält. Dass es einen Grund für alles gibt. Der Grund war Gott. Allah.
SZaW: Hat Sie die perplexe Reaktion der Öffentlichkeit erstaunt?
Yusuf Islam: Ja, ich war überrascht.
SZaW: Nun, Sie waren extrem populär. Sie hatten viele Spuren hinterlassen.
Yusuf Islam: Ja, aber ein Job sollte nicht nur dazu da sein, Spuren zu hinterlassen. Es sind schöne Spuren, aber das kann nicht alles sein. Man sollte dahin gehen, wohin man gehen will. Und nicht auf die Spuren achten, die man hinterlässt. Also bin ich gegangen. Dies auch nochmal zum Weiterkommen, von dem Sie sprachen: Wenn Sie Gott entdecken, wenn Sie sehen, dass es den Schöpfer gibt, dass Sie seinetwegen da sind, dann ist das eine Erkenntnis, die Sie weiterbringt. Es ist am Ende übrigens sogar eine rationalere Entscheidung, als Sie annehmen mögen.
SZaW: Sie haben auch etwas verloren: Ruhm.
Yusuf Islam: Well, fame really never left me. Als ich mein Hilfsprojekt im Kosovo startete, sind die Leute dort in den Dörfern ausgeflippt, als sie hörten, dass ich der bin, der mal Cat Stevens war. Sie kreischten, verstehen Sie? In den Dörfern des Kosovo! Das war seltsam. Das war wirklich ernsthaft seltsam für mich.
SZaW: Andererseits hörte man von Ihnen nie die alte Klage, dass das Pop-Geschäft Sie ruiniert oder auch nur belastet habe. Sie klangen nie frustriert – wie so viele Ihrer alten, ausgebrannten Kollegen.
Yusuf Islam: Das Pop-Geschäft hat mich nicht ruiniert. Es war eine gute Zeit. Ich meine, die Leute ins Dunkle zu sperren und sie für ein paar Stunden auf das Licht der Bühne gucken zu lassen, das ist das ganze Showbizz, that’s all, nicht mehr, nicht weniger. Wenn sich Leute darüber aufregten oder Musiker in einem Selbstfindungsprozess darüber verzweifelten, sagte ich immer: Hey, relax, es ist nichts Falsches daran, dass sich Menschen bei einem Popkonzert mental ein wenig entspannen. Es ist auch nichts Falsches daran, der Mann zu sein, der vorne im Licht steht und für diese Entspannung sorgt. Es hat nur nichts mit dem zu tun, was wir das Leben nennen. Was mich anging, sagte ich mir: Nun sollte es bitte jemand anderes machen.
SZaW: 1977 wären Sie vor Malibu fast ertrunken. Anschließend bezeichneten Sie es als Gottesfügung, dass eine Welle Sie wieder Richtung Land schob. Was, wenn Sie einfach Glück hatten?
Yusuf Islam: Ah, die alte Frage.
SZaW: Ich weiß nicht, ob ich Gott gedankt hätte. Ich bin mir da schrecklich unsicher.
Yusuf Islam: Wissen Sie was? Sie werden niemals einen Atheisten auf einem sinkenden Schiff finden. Wirklich nicht. Es sei denn, es befindet sich der eine oder andere Narr auf diesem Schiff.
SZaW: Was, wenn die Welle trotz Ihrer Gebete eine Glückswelle war?
Yusuf Islam: Nein, hören Sie, ich wäre wirklich ein verdammter Narr gewesen damals, wenn ich gedacht hätte, ich könnte den Ozean besiegen, die Situation war absolut ausweglos, glauben Sie mir.
SZaW: Sie baten Gott um Hilfe. In der Not . . .
Yusuf Islam: Ja, in der Not fangen die Leute an, zu glauben. Es gibt – wenn die Not nicht so groß ist – die Angewohnheit, immer alles dem Schicksal zuzuschreiben, oder dem Glück, oder dem Pech. Ich glaube aber nicht daran, dass alles aus dem Nichts kommt, dass alles ohne Grund da ist. Es gibt einen Plan. Und der Plan lautet: Barmherzigkeit. Ich habe es erfahren.
SZaW: In der Not fangen die Leute an, zu glauben, aber wenn ein Kind geboren wird, neigt man da nicht zu: Schaut mal, das habe ich gemacht!
Yusuf Islam: Oh, falls es Ihnen so erging. Haben Sie Kinder?
SZaW: Ja.
Yusuf Islam: Also, als meine Kinder geboren wurden – und ich habe ja nun fünf inzwischen – stand ich da und rief: Was ist das denn?
SZaW: Sie haben die Kinder doch gemacht. Zum Beispiel Ihren schönen Sohn Mohammed, der eben in seinem irdischen Paul-Smith-Cordanzug hier im Zimmer stand und sehr exakt so aussieht wie Sie vor 30 Jahren.
Yusuf Islam: Ich bitte Sie! Der Zeugungsakt war nichts im Vergleich zu dem, was da herauskam. Ein ganzer Mensch. Ein Charakter. Fertig ausgebildete Gliedmaßen. Jahre später laufen diese Kinder meilenweit herum und halten kluge Vorträge. Als wäre nichts gewesen. Nun lachen Sie. Aber so ist es doch.
SZaW: Ja, vielleicht. Aber Sie lachen auch.
Yusuf Islam: Ja, hey, ich meine: Kinder sind Wunderwerke. Menschen sind Wunderwerke. Entschuldigen Sie, aber: Da gehört mehr dazu als ein Mann und eine Frau, die miteinander schlafen.
SZaW: Yusuf, so wie Sie könnte auch ein gläubiger Christ reden, Sie aber zog es zum Koran. Warum wurden Sie Moslem?
Yusuf Islam: Ich glaube, der Koran ist die Göttliche Schrift, der Islam ist die Göttliche Religion. Nichts hier ist interpretiert oder umgeschrieben worden. Alles ist original und einmal aufgeschrieben. Ich wurde auch nicht gedrängt, den Koran zu lesen. Ich tat es einfach. Und ich fand in der Schrift Antworten zu meinen Fragen. Ganz einfach. Wir werden hier nicht in die Einzelheiten gehen können, aber ich kann Ihnen versichern: Diese Schrift ist faszinierend. Und wenn Sie sie lesen, werden Sie sehen: Sie spendet Licht, keine Dunkelheit. Und sie ist sehr friedlich.
SZaW: Wir sitzen hier in London, in einer Kapitale des westlichen Lebensstils, auch in einer Kapitale des so genannten Kriegs gegen den Terrorismus. Die Leute hier rechnen mit einem Anschlag . . .
Yusuf Islam:. . . hören Sie . . .
SZaW:. . . in der Stadt, die ja auch Ihre Stadt ist! Hier sind Sie aufgewachsen, hier leben Sie bis heute . . .
Yusuf Islam:. . . hören Sie: Der Islam ist die Göttliche Religion, und ich kann Ihnen versichern, dass ich froh bin, diese Religion für mich entdeckt zu haben, sehr lange bevor sie in die Schlagzeilen geriet. Die wahre Religiosität – und je nach Glaubenslage nicht nur der Islam – führt uns zum Licht, zur Liebe und zur Hoffnung.
SZaW: Die Religion – und offenbar auch der Koran – führt auch zu Hass.
Yusuf Islam: Nein. Lasten Sie nicht dem Koran oder dem Islam ein Vergehen an, das sich aus Politik und Rassismus speist. Menschen, die wahrhaft spirituell sind, hassen nicht. Sondern sie lieben. Die Menschen, die hassen, wollen Kontrolle haben über andere. Glauben Sie mir, dass dies mit der Schrift des Koran nichts zu tun hat, aber dafür mit: Politik. Auch Moses führte die Leute nicht ins Verderben, sondern zum Licht.
SZaW: Was finde ich, wenn ich den Koran lese?
Yusuf Islam: In aller Kürze: Sie finden dort sich selbst. Der Koran wendet sich – und das macht ihn so faszinierend – direkt an Sie, vollkommen unabhängig von Ihrem Stand, Ihrer, sagen wir, Stammeszugehörigkeit, Ihren Interessen oder sonst was.
SZaW: Woher kommt das dunkle Image des Islams, die verhüllten Frauen, das mittelalterlich Anmutende . . . das alles ist doch keine reine Medienprojektion.
Yusuf Islam: Schauen Sie, es ist eine Frage der Auslegung. Und es ist immer eine Frage, was Menschen daraus machen. Natürlich entwickeln sich Länder anders als andere Länder, aus wirtschaftlichen Gründen, auch aus Gründen der Trennung von Religion und Staat und so weiter. Die Verhüllung der Frauen in den muslimischen Ländern war ursprünglich mal, und sie ist es im Kern immer noch, ein Signal der Bescheidenheit, der Zurückhaltung – nicht der Unterdrückung! Kennen Sie ein Bild der nackten Jungfrau Maria? Sie werden es nicht finden. Ich finde, man sollte das nicht jedem Katholiken als Unterdrückung der Frau auslegen. Ich meine: Bezweifle ich, dass es Moslems gibt, die zu weit gehen? Nein, das bezweifle ich nicht. Aber ist es nur ein Problem des Islams? Noch einmal: Wahrhaft spirituelle Menschen spenden Licht und Hoffnung, sie spenden Barmherzigkeit.
SZaW: Sehen Sie heute mehr Licht als in den 70ern, als Sie so erleuchtet wirkten?
Yusuf Islam: Definitiv. Ich war damals sicher ein eher haltloser Mensch. Als ich die DVD mit dem Konzert von 1976 jetzt wieder sah, dachte ich: Was für tolle Musik wir gemacht haben! Aber: Hören Sie sich mal das haltlose Gerede des Cat Stevens von 1976 an. Zwischen den Liedern. Was habe ich da geredet? Ein orientierungsloser kleiner Junge.
SZaW: Sie haben also inzwischen mehr Weisheit angesammelt.
Yusuf Islam: Ich habe mehr Wissen angesammelt. Was ist Licht? Licht ist eine Metapher für Bildung. Ich glaube, dass es heutzutage kein interessanteres Thema gibt als die Bildung, als die Frage: Wie erziehen wir unsere Kinder? Welche Werte vermitteln wir Ihnen? Im Englischen gibt es den Begriff vom bright child . . .
SZaW:. . . ein Kind, dem ein Licht . . .
Yusuf Islam:…ja, einem strahlenden, erleuchteten Kind. Es macht pling. Verstehen Sie? Die Bildung ist das höchste Gut, das wir unseren Kindern bieten können.
SZaW: Eine Frage, von der ich weiß, dass Sie sie nicht beantworten wollen. Vor einigen Jahren wurden Sie in den Medien weltweit sehr hart attackiert. Man unterstellte Ihnen , Sie hätten . . .
Yusuf Islam:. . . mmh . . .
SZaW:. . . Sie hätten die Fatwa gegen Salman Rushdie unterstützt. Was, wenn Sie nun die Gelegenheit nutzen . . .
Yusuf Islam:. . . lassen Sie mich dazu nur eines und das ganz, ganz ehrlich sagen: Ich habe die Fatwa nie unterstützt. Nie! Es war ein Missverständnis vom ersten Moment an. Es ist mir von einem englischen Journalisten, dem ich etwas erklärt habe, eine sehr böse Falle gestellt worden. Ich habe anschließend versucht, das aufzuklären, aber das Ding war in der Welt. Da ist es bis heute. Nochmal: Ich habe niemals die Fatwa unterstützt. Punkt. Mehr nicht dazu. Okay?
SZaW: Okay.
Yusuf Islam: Schauen Sie, ich glaube nicht an Huntingtons Clash of Civilizations. Ich glaube an Civilization. An die Menschlichkeit. Es gibt die Zivilisationen nicht. Es gibt nur die Zivilisation. Es ist eine Entwicklung. Ein Prozess.
SZaW: Wird es nochmal eine Tour von Ihnen geben? Richtige Konzerte, mit den alten Liedern? Und ein paar neuen? Sie könnten die notleidende Konzertveranstalterbranche sanieren!
Yusuf Islam: Ich habe eine total dickköpfige Frau.
SZaW: Die will das nicht.
Yusuf Islam: Die will das nicht.
SZaW: Also nicht.
Yusuf Islam: Wobei – wie oft sagen wir, das und das gibt’s nie mehr, plötzlich ändert sich alles, und schon gibt’s das und das doch wieder. Im Moment ist eine Tour nicht geplant. Aber wer weiß, eines Tages . . .
SZaW: Yusuf, letzte Frage, da wir Schluss machen müssen. Wenn ich jetzt gleich heim fliege: Ist Allah dann mit mir?
Yusuf Islam: Mmh.
SZaW: Inzwischen wissen Sie ja, dass ich mir noch nicht sicher bin, ob ich an ihn glauben soll. Ist er trotzdem bei mir?
Mmh.
SZaW: Oder nicht?
Yusuf Islam: Also, wenn Ihnen auf Ihrem Weg zurück nach München irgendwas überraschendes auffällt, womöglich nur eine Kleinigkeit, mit der Sie nicht gerechnet haben . . .
SZaW: Ja?
Yusuf Islam: . . . dann sollten Sie mal an ihn denken!
Yusuf Islam, 56, verabschiedete sich am 23.Dezember 1977 von seinem Künstlernamen Cat Stevens und konvertierte zum Islam. Der von Fans und Kritikern über die Maßen gefeierte Songwriter Cat Stevens, der mit Hits wie „Moonshadow“, „Father and Son“, „Morning has broken“ und „Lady D’Arbanville“ mehr als 50 Millionen Platten verkauft hatte, war danach Geschichte.
Yusuf Islam verschrieb sich dem Koran und Hilfsprojekten unter dem Dach der Vereinten Nationen, die er – im Kosovo, im Irak, aber auch in seiner Heimatstadt London – mit viel Geld und Tatkraft unterstützt. 2003 wurde er mit dem World Social Award ausgezeichnet.
Die DVD „Majikat“, die seine legendäre und letzte Tour als Cat Stevens im Jahre 1976 dokumentiert, ist soeben bei „Eagle Vision“ erschienen. Ein Großteil der Einnahmen aus dem Verkauf der DVD will Yusuf Islam für seine Hilfsprojekte verwenden.
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